Bereich C -Grundlagen der Multivalenz
Im Projektbereich C sind methodisch orientierte Teilprojekte zusammengefasst, die dem Sonderforschungsbereich über die üblicherweise verfügbaren Routinemethoden hinaus theoretische und experimentelle Herangehensweisen an das Phänomen der Multivalenz erlauben. Dabei spielt die Synergie von Theorie und Experiment in den Kooperationen der Teilprojekte des Teilbereiches C untereinander und mit denen der Teilbereiche A und B eine wesentliche Rolle.
Die überwiegend methodische Ausrichtung der Projekte im Bereich C bedingt eine enge Kooperation vor allem mit Projekten aus den beiden anderen Teilbereichen, die die entsprechenden artifiziellen Systeme (Bereich A) oder biochemischen Bindungspartner (Bereich B) herstellen und untersuchen.
Daraus ergibt sich eine im Vergleich zu den Bereichen A und B etwas weniger stark ausgeprägte Binnenverknüpfung im Bereich C. Umgekehrt ist aber die Vernetzung zu den Projekten der anderen Projektbereiche umso reichhaltiger und verspricht einen deutlichen Mehrwert für die an den Kooperationen beteiligten Partner.
Um die Bindungskinetik eines multivalenten Systems korrekt modellieren zu können, muss man insbesondere beachten, dass einzelne Bindungsvorgänge auch in der kurzen Zeitskala von lokalen Konformationsänderungen stattfinden können. Dadurch erhält diese Kinetik eine räumliche Komponente, die wir mathematisch exakt formulieren wollen. Nicht-Gleichgewichtsvorgänge spielen in der dritten Förderperiode eine wichtige Rolle und sollen ebenfalls modellierbar sein. Messungen mit der isothermen Titrationskalorimetrie (ITC) können neuerdings für die Parameterbestimmung von solchen Bindungskinetiken verwendet werden.
Das Teilprojekt studiert die Bindungskräfte multivalenter supramolekularer Koordinationsverbindungen in quasi ein- und zwei-dimensionalen Geometrien mit rastersondenmikroskopischen und -spektroskopischen Methoden. Bisher sind die Vor- und Nachteile der beiden direkten ein-dimensionalen Kraftmessmethoden „senkrecht“ und „parallel“ zur Unterlage mit Modellstudien erarbeitet worden. Zukünftig sollen die Methoden auf verschiedene Systeme aus dem Sfb angewandt werden und wo möglich direkt verglichen werden. Die an quasi zwei-dimensionalen Systemen begonnenen Studien zu Ordnungs-Unordnungs-Übergängen sollen an komplexeren Pyridin-haltigen molekularen Systemen weitergeführt werden.
Die Erkennung multivalenter peptidischer Sequenzen durch Tandem-Adaptor-Domänen spielt in vielen intrazellulären Prozessen eine wichtige Rolle. Die Inhibition dieser Wechselwirkungn durch optimierte bivalente Liganden steht im Mittelpunkt dieses Teilprojekts. Ausgehend von den tandem-WW-Domänen des am mRNA Speißen beteiligten Proteins FBP21 und der T-Zell-Kinase ZAP70 werden Prolin-analoge (FBP21) oder phospho-Tyrosin-mimetische Liganden (ZAP70) hergestellt, die über Nano-Carrier in die Zelle eingeschleust und funktioniell auf ihre inhibitorische Eigenschaften untersucht werden.
Unsere bisher gewonnenen Erkenntnisse über die optimale Struktur multivalenter Inhibitoren der Virusbindung werden genutzt, um mit entsprechend gestalteten Bindern unterschiedlicher räumlicher Geometrie diagnostische und therapeutische Ansätze an verschiedenen viralen Zielstrukturen zu verfolgen. Diese werden mittels eines synergistischen Konzeptes aus komplementären theoretischen und experimentellen biochemischen/biophysikalischen Methoden und direkter Visualisierung quantitativ evaluiert. Beispielsweise sollen biokompatible multivalente Binder an einem breiten Panel von zirkulierenden humanpathogenen und potentiell hochpathogenen aviären Influenza A-Virusstämmen auf ihre antivirale Wirksamkeit hin untersucht und adaptiert werden. Auf Basis einer molekulare Kartierung der viralen Mutationen die zur Resistenz führen, soll dann eine gezielte Optimierung der multivalenten Inhibitoren durchgeführt werden.
Links zum Thema
Teilprojekt C7 - Ab initio Berechnung von elektronischen Effekten in multivalenten Wechsel-wirkungen
Das Ziel dieses Teilprojekts ist die theoretische Untersuchung supramolekularer Porphyrinstapel mit multivalenten, auch schaltbaren Linkern. Durch verschiedene Metallionen als Kopplungselementen in den Porphyrinen und verschiedenen Abständen der Porphyrine durch unterschiedliche Linker, werden die optischen, elektronischen und magnetischen Eigenschaften dieser multivalenten Anordnungen verändert.
Diese Eigenschaften werden mit möglichst genauen Elektronenstrukturmethoden berechnet, wobei auch Lösungsmitteleffekte und der Einfluss von endlichen Temperaturen berücksichtigt werden.
Für die Modellierung multivalenter Wechselwirkungen nutzen wir eine Kombination aus Moleküldynamik-Simulationen, coarse-grained Simulationen und analytischen Multiskalenmodellen. Mit den in der letzten Förderperiode entwickelten Methoden sollen multivalente Sialinsäure-basierte Liganden zur Bindung an Influenza-Hämagglutinin optimiert werden. Mit unserem optimierten atomistischen Polyglycerol (PG) Kraftfeld soll das elastische und osmotische Quellverhalten von hyperverzweigtem PG quantifiziert und die Wechselwirkung zwischen PG-Nanopartikeln und Viren bestimmt werden. Außerdem sollen die Wechselwirkungen zwischen verschiedensten funktionalisierten planaren Oberflächen in Anwesenheit von Wasser berechnet werden um so die an eine gegebene pathogene Oberfläche optimal bindende synthetische Oberfläche vorherzusagen.
In diesem Projekt werden wir anhand molekulardynamischer Simulationen und Markov-Modellen der Konformationsdynamik den Rebinding-Effekt bei verschiedenen multivalenten Systemen untersuchen. Die Systeme sind so gewählt, dass sie voraussichtlich deutlich unterschiedliche Bindungsdynamiken zeigen. Es sollen Erklärungsansätze und Modelle entwickelt werden, die einen kausalen Zusammenhang zwischen der Struktur eines multivalenten Komplexes, der Konformationsdynamik seiner Konstituenten und dem Rebinding-Effekt herstellen. Dabei liefern die einzelnen Modelle der Konformations- und Bindungsdynamik zudem einen konkreten Beitrag zur Entwicklung von Inhibitoren der untersuchten Systeme.
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